Sonntag, 4. November 2007

Andere Länder – andere Sitten oder: Home sweet home


Ich muss schon sagen, dass mir mein „neues zu Hause“ unglaublich gut gefällt… vor allem wegen meiner beiden absolut genialen Mitbewohner, die total witzig und „sociable“ sind. Es ist auch schön, en passant etwas über die neuseeländische Kultur zu lernen, so etwa gestern. Wir sprachen über geliebte Menschen, die leider nicht mehr bei uns sind und dabei ist mir aufgefallen, dass das Thema Tod für uns Deutsche schon eine Art Tabu ist. Man trauert meist im stillen Kämmerlein und sonst versuchen wir die meiste Zeit über diese Tatsache zu verdrängen und die Vorgänge nach dem Ableben zu institutionalisieren. Und so sind auch offene Särge bei Beerdigungen eher selten und wie auch in England wird der Verstorbene oft schnellst möglich in die Pathologie oder ein Beerdigungsinstitut gebracht und in einen Kühlschrank gepackt.

Nicht so in der neuseeländischen Tradition. Dort wird einige Tage nach dem Tod der geliebten Person Totenwache gehalten, d.h. der Bestatter richtet den Leichnam mit Hilfe von Spezial-Make up etc. so her, dass er zurück in sein zu Hause gebracht werden kann, in dem dann die Verwandten und Freunde neben seinem Bett oder im Wohnzimmer gemeinsam trauern und auch mit ihm im selben Raum schlafen können. Schlimm ist, so Kiri, dann aber vor allem der Moment, in dem der geliebte Mensch dann für immer abgeholt wird… Für uns ist diese Tradition sehr befremdlich, doch Kiri meinte, sie dachte bis zum 14. Lebensjahr, dass es überall so gehandhabt würde und fand es dann schon herzlos, wie etwa die Engländer (und wir ja auch) mit unseren Toten umgehen.

Oh, übrigens war das oben geführte Gespräch ein ziemlich heiteres (so heiter wie eben möglich), also ich hoffe, ich habe euch jetzt nicht runter gezogen? Deshalb hier noch ein paar „schöne Impressionen“ des Diesseits, die ich euch jetzt wohl schuldig bin :-)! Ich zeige euch mal ein paar Bilder meines neuen Zimmers in der Uxbridge Road:

Wie man vielleicht sieht, ist mein Zimmer für Londoner Verhältnisse wirklich riesig und einfach schön… naja, abgesehen von dem grünen Teppich und den mintfarbenen Wänden (Geschmack unserer schon schlohweiß-haarigen Vermieter *g*), doch alles in allem ist es wirklich schön und über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten.

Besonders schön finde ich, dass wir ein Wohnzimmer haben, das ist wirklich selten in Londonder WGs, weil möglichst alle Zimmer, egal wie krüppelig sie sind, vermietet werden um den Preis niedrig zu halten. Doch in unseren beiden WGs, also sowohl in Janas als auch in meiner, haben wir sogar noch einen kleinen zusätzlichen Raum – spare room/ guest room zur Verfügung und Gäste sind – und das ist ach anders als in der Mehrzahl der WGs – erlaubt bis erwünscht :-)!

Aber so wohl ich mich hier fühle (und ich liebe es wirklich), so ist es doch nicht mein richtiges echtes zu Hause, denn das ist immer dort, wo mein Schatz ist… doch ich denke, Jana und ich haben es wirklich unglaublich gut getroffen und ich bin sehr dankbar dafür. Auch die Anbindung ist perfekt, da der Nachtbus (ja, jener legendäre für uns zuerst nicht auffindbare N207 ab der Oxford Street) direkt vor meiner Tür hält! Heute (Samstag) werden Janchen, Victoria (auch Französisch-Assistentin an der Lampton School) und ich nach Camden Town fahren und uns mal den Markt anschauen, der ja von vielen heiß geliebt und berühmt ist für retro Zeugs und Verrücktes! Doch dazu dann später mehr...

[update 21:55]

Camden Town ist einfach der Wahnsinn – nicht nur bei Nacht (s. unten), sondern auch bei Tag! Unglaublich… Der Camden Market ist riesig und an einem einzigen Samstag nicht zu schaffen. Die Stände sind voller Punk-Gothic-Indie-Alternative stuff und auch wenn man nach einigen Ständen das Gefühl hat, alles wiederholt sich, so findet man dort doch (Achtung:) übelst geile Sachen. Es ist schwer zu beschreiben und leider haben Jana und ich nicht daran gedacht, einen Fotoapparat mitzunehmen, was wirklich schade ist. Doch das war auch bestimmt nicht das letzte Mal in Camden Town und ich weiß auch schon, wen ich im Dezember dorthin entführe… nicht wahr, Julie? Du wirst es lieben. Ist schon ein bisschen „special interest“ und nicht so chic wie Portobello Road (der ist auch mehr vintage als retro), aber hat auch seinen ganz besonderen Charme.

Schön war auch auf jeden Fall, Victoria kennen zu lernen, die einfach supernett und lieb ist – kurzum: Wir drei hatten sehr viel Spaß!

Wieder in Ealing angelangt, waren wir ganz schön groggy, doch da wir uns mit den anderen assistants aus Ealing und Umgebung im North Star treffen wollten, konnten wir noch nicht nach Hause fahren. Tatsächlich trafen wir e i n e weitere Assistentin aus Frankreich, Linda, die ebenfalls in Hanwell wohnt und so trollten wir uns noch in einen anderen Pub und unterhielten uns (und aßen Banoffee-Pie :-)). Linda konnte uns einige gute Tipps geben, weil es bereits ihr zweites Jahr hier ist.

Nunja, gerade sitze ich also zu Hause auf meinem großen Bett mit dem Gefühl, einiges erlebt zu haben und bin so froh, diese Herausforderung angenommen zu haben – auch wenn es hier ein paar kurze Momente des Zweifelns gab und leider auch einige Stunden Heimweh/Sehnsucht nach euch. Aber das eine sage ich euch – wenn ich zurück bin, wird feste gefeiert!! Ihr fehlt mir sehr, vor allem das Quatschen und Abhängen mit euch… doch immerhin werde ich wohl einiges zu berichten haben (und wie ich so höre ihr auch *g*).

1 Kommentar:

Bernd hat gesagt…

Hallo Schnuppi,
wenn ich deine Berichte lese höre ich immer total deine stimme dabei, gerade so als würdest du mir alles live erzählen. Es ist schön, dass ich so an deinem Leben teilhaben kann. Ich freue mich riesig drauf, dich wieder zu sehen. Ich liebe dich.
Dein Bär