Dienstag, 27. November 2007

Socialising

Wieder ist eine Woche wie im Flug vergangen. Letzten Sonntag waren wir nun also tatsächlich in der äußerst eindrucksvollen British Library und bestaunten „The King's Library Tower“, die allerdings nur von den Bibliothekaren betreten werden darf und inmitten eines riesigen Glasverschlags untergebracht ist. Mit dabei waren wieder Victoria und Janchen, die mir hier richtig richtig doll ans Herz gewachsen ist.
Sonntags ist leider der großes Lesesaal (touristischer Höhepunkt :-)) geschlossen, doch das ist nur ein Grund mehr, diese atemberaubende Bibliothek zu besuchen. Abgeblich soll jedes in England gedruckte Buch mit mindestens einem Exemplar hier vertreten sein (und wenn das mal kein Anreiz für die Vorbereitung und Bearbeitung meines Fachpraktikumshefters und der victorian madness-Hausarbeit ist…).


Doch, ganz ehrlich, hat mich vor allem der library shop in einen kleinen Kaufrausch gestürzt (fast – kurz bevor die Karte glühte, habe ich dann doch das ein oder andere da für die weiteren Besucher dagelassen!). Aber es war auch gemein, immerhin hat die British Library Schätze wie eine komplett erhaltene Gutenberg-Bibel, altenglische Bibelsprüche aus dem Kloster Lindisfarne und das Originla der Magna Charte von 1215! Ich konnte also nicht umhin mir einen Druck einer Gutenberg-Seite als Poster mitzunehmen und auch ein Wortspiel namens dice words, eine Art mini-mini-Scrabble und super für den Unterricht geeignet, musste dran glauben, achja und der obligatorische Bleistift. Dagelassen habe ich leider das Kühlschrank-Poesie-Set (mit unglaublich vielen englischen Wörtern und Silben, die man auf dem Kühlschrank zu Sätzen und Gedichten verbinden kann - ihr kennt das bestimmt), aber leider ist unser Kühlschrank zu Hause wohl zu niedrig, als das Berndi und ich Lust hätten, auf dem kalten Küchenfußboden rumzukrauchen um Verse shakespearschen Niveaus zu kreieren. Oh apropos, ließ ich auch ein Set mit Schimpfwörtern aus dem Oevre besagten Dichters liegen – auch wenn dieses Sätze enthielt wie:

"Thou paunchy fen-sucked scullian!"

(Du dickbaeuchiger, matschgetraenkter Kuechenjunge)

oder

"Thou burly-boned dismal-dreaming mammet!"

(du staemmiges bedrueckend-trauemendes Mammut?) :-)


Danach ging es, wie sollte es anders sein, in einen Pub – honey dew ist übrigens ein wirklch leckeres Bier mit Honignote – um den ein oder anderen Teller ungesunden Pub foods zu sich zu nehmen. Victoria verabschiedete sich bald und Janchen und ich stiegen, bei klischeehaft schlechtem Londoner Wetter, in den erstbesten Bus. Doch schon bald merkten wir, dass der Busfahrer nur selten anhielt und plötzlich (es waren nur 3 Leute im Bus) meint er: „I’m lost.“ Er hatte sich also offensichtlich verfahren (oder es war wieder einmal ein Beispiel englischen Humors?). Dennoch erreichten wir bald Marble Arch und wähnten uns schon sicher vor dem Unwetter, als im Oxford Circus ein Sicherheitsalarm ausgelöst wurde (wahrscheinlich hat mal wieder jemand seinen Koffer stehen lassen, das löst hier schnell mal ein komplettes Chaos aus…) und so liefen wir wieder durch den Regen und nach einer Odyssee waren wir zu Hause und in trockenen Tüchern.


Zwei Tage später, ich hatte es schon fast vergessen, war ich dann beim Abendessen mit den Sprachlehrern der Northolt High in Eastcote. Wundervoll – chinesisches all you can eat (ich hab sogar geschafft, noch mehr zu essen als ich eigentlich kann! Hilfe!!) – und unzählige Flaschen Wein später war die Stimmung ausgelassen, ein Grund für mich und Louisa (ähnlich durchgeknallt wie ich) die aus Anlass eines Geburtstags angebrachten Luftballons für lustige Mickey Mouse-Helium-Ansprachen zu missbrauchen… kurz: wir hatten Spaß. Und zu allem Überfluss wurde ich dann tatsächlich auch noch von einer Lehrerin bis vor die Haustür gefahren in einem kuschelig warmen Familienauto. Am nächsten Tag hatte ich übrigens meinen Spaß, die verkaterten Lehrer mit einem Grinsen zu begrüßen (ich hab da schon so meine Tricks den hangover zu vermeiden).


Doch es gibt auch durchaus schöne Neuigkeiten, die direkt mit meinem Job zu tun haben. Auf diesem Einführungstag des Goethe-Instituts Anfang Oktober wurde eine neue Regierungsinitiative zur Förderung des deutsch-britischen Kulturaustauschs vorgestellt und wir FLAs (Foreign Language Assistants) sollten uns bewerben, wenn wir gern von der UK-German-Connection geförderte Projekte an unserer Schule organisieren wollten. Da Jana und ich ziemlich ideenreiche und begeisterungsfähige Menschenkinder sind, haben wir uns also beworben und sind tatsächlich genommen worden (wir sind also 2 von 35 Leuten; über 100 Assistenten aus ganz Großbritannien haben sich beworben, nicht schlecht…), dürfen nun wirklich UK-German-Connection Ambassadors („Botschafter“) nennen und werden auch ein Zertifikat und eine Referenz dafür erhalten.


Nach einem Wochenend Workshop in der deutschen Botschaft (!) in London wissen wir jetzt auch, was es alles braucht um Schulprojekte zu organisieren und wie man die Ergebnisse am Besten publik macht („showcasing“) – also geht’s wohl bald los mit dem ersten Projekt. Nur so viel, es hat was mit Weihnachten zu tun :-), mal hoffen, dass das alles in etwas so klappt, wie wir uns das vorstellen. Und wieder einmal ist es von großem Vorteil ein Lehrerkind zu sein, weil ich natürlich aus dem Erfahrungs- und Ideenschatz meiner Mama schöpfen kann und so hoffe ich, dass wir die Anfängerklippen umschiffen können. Doch dazu dann mehr, wenn es konkreter wird.


Der Workshop war übrigens wirklich gut organisiert und auch wenn es wohl nur halb so viel Spaß gemacht hat, weil Janchen, wohl durch unsere Regen-Odyssee erkrankt, nicht dabei sein konnte. Aber ich habe wirklich selten ein so konkret hilfreiches Seminar gehabt und auch das Zeitmanagement war hervorragend – und das Essen! Habe zum ersten Mal libanesisch gegessen (leider nicht so ganz mein Fall) und am Sonntag waren wir doch tatsächlich in einem italienischen Restaurant I N der italienischen Botschaft?! Verrückt… da könnten wir doch eigentlich auch ne Currywurstbude in der deutschen Botschaft aufmachen *g*! Ich wär dabei!
Schön finde ich auch, dass mir die Lehrer sagen, dass meine Schüler den Unterricht bei mir genießen und sich sogar manchmal streiten, wer zu mir darf. Ich habe hier wirklich ziemlich viel Freiheit, was meine Vorbereitung und die Unterrichtsinhalte angeht und so kennen meine Schüler jetzt Farin Urlaubs „Die Dusche“ (einige singen sogar mit!!), Mias „Tanz der Moleküle“ und ja, selbst die Toten Hosen… bin stolz, denn hier hört das Musikwissen meist bei den Prinzen und Pur (*schüttel*) auf. Wenn ihr da noch Tipps oder ein neues Lied – bin ja immer noch abgeschnitten von der Außenwelt und habe erst jetzt durch Kathilein erfahren, dass Münti von allen Ämtern zurückgetreten ist, das geht so nicht Leute! – findet, dann ab die ePost!
Jetzt freue ich mich übrigens auf meine Julia (Göttingen), die vom 5.12. an bei mir sein wird *G* und hoffe ganz doll, dass es euch allen gut geht!

Freitag, 16. November 2007

Dance City

Obwohl ich erst gestern gebloggt habe und ihr wahrscheinlich verständlicher Weise mit dem Lesen kaum hinterher kommt, muss ich heute noch einmal an die Tasten, weil heute ein wirklich schöner, wenn auch stressiger Tag war.

Alles begann ganz normal, die Stunden flossen so dahin und ich habe z.B. die 11. Klasse auf ihre mündliche Abschlussprüfung vorbereitet. Danach durfte ich dann ein zweites Mal eigenmächtig Hausaufgaben korrigieren (fühle mich zusehends erwachsener) und anschließend, und das war mir entfallen, wurde ich von meiner Mentorin zur „Dance City“ der Drayton Manor eingeladen.
Im Grunde war es eine einzige Siegerehrung, weil die Schülergruppen, die heute getanzt haben die besten ihres Jahrgangs oder Genres waren. Es ist wirklich schön mitanzusehen, wie viel Spaß die Schüler daran haben und wie viel Arbeit sie wohl investiert haben müssen. Einige Tänzer waren sogar fast auf professionellem Niveau und plötzlich verstehe ich, warum manche Eltern vor Stolz fast platzen, wenn sie ihre Tochter oder ihren Sohn auf einer Bühne sehen – und sei es auch eine noch so kleine Veranstaltung. Ganz wie man sich das so vorstellt, prangte das Schulwappen am Rednerpult und die Schülersprecher führten durchs Programm. Auch die Lehrer und Eltern waren sichtlich begeistert und schließlich applaudierten alle frenetisch. Jaja, außerschulische Aktivitäten sind schon schön, wenn sie so gut ankommen. Was mir auch gut gefallen hat, ist dass man an der Drayton Manor auch auf kleine Details achtet, so wurden z.B. fair trade Erfrischungsgetränke angeboten.

Wieder angekommen in meiner WG veranstalteten wir einen kleinen Kochmarathon und danach packten wir alle Süßigkeiten auf den Tisch und philosophierten darüber, welche davon Mark wohl ohne Kauen runterkriegt: Koalas nicht, die haben Keks drumrum, doch reine Milkaschokolade zerschmilzt ja glücklicherweise und schließlich erklärte sich Kiri sogar bereit, mit Mark Rochers zu teilen – er bekam dann immer die Hälfte ohne Nuss. :-)
Schließlich bekam Mark Besuch von einer Freundin. Sie heißt Roxanne und wird die nächsten Tage bei uns unterkommen.

Es ist unglaublich, aber sie hat wirklich einen der ungewöhnlichsten Arbeitsplätze überhaupt: Sie arbeitet in einer Krankenhausabteilung für Geschlechtsumwandlungen… das gab, wie man sich denken kann, genug Gesprächsstoff für den Rest des Abends. Wir näherten uns dann auch Fragen wie „Wie genau kriegt man denn einen künstlichen Penis hin? Funktioniert der dann auch? (Antwort: Ja!) Woher weiß man, dass man den finalen Schritt (Kastration etwa) wirklich gehen will? Und, wie lange muss man dann so warten? (man muss hier mindestens 2 Jahre als andersgeschlechtlicher Mensch gelebt haben bevor der Psychiater einen für eine Operation vorschlagen kann)“ und dann einigen schlüpfrigeren Fragen, die ich hier aus Jugendschutzgründen nicht erläutern will :-)!

Morgen ist ein wirklich langer Tag und ich freue mich schon sehr aufs Wochenende. Eigentlich müsste ich mal in die British Library (nicht wahr, Janchen *g*?)… schließlich will ich das Studieren nicht vollends verlernen, was hier wohl durchaus vorkommen könnte.

Noch zwei kuriose Nachträge… wusstet ihr, dass Ealing Erwähnung in „Bridget Jones“ findet? Es ist die Szene in der Renee Zellweger und Hugh Grant im Boot herumspaßen und sich „Daniel“ ein merkwuerdiges gedicht ausdenkt:
"There once was a young woman from Ealing,
Who had a particular feeling.
She lay on her back,
And opened her crack,
And pissed all over the ceiling."
Grandios und bestimmt auch von unerkanntem dichterischen Wert - oder so... :-)

Und ich habe letztens gelesen, dass Dodi Alfayettes Vater wohl immer noch so besessen von seinem Sohn und Lady Di (die übrigens immer noch jeden Tag ihre Erwähnung in der Presse findet) ist, dass er im Untergeschoss von Harrods zwei Sektgläser, aus denen sie kurz vor ihrem Tod in jenem Pariser Tunnel getrunken haben, in Acryl hat einschließen lassen um sie für die Ewigkeit zu konservieren und als Denkmal auszustellen. Schon strange…

Donnerstag, 15. November 2007

Schützengraben, Antiquariat und Chicken Curry

Nun bin ich also wieder allein… es ist Mittwoch Abend und mein Schatz sitzt wohl hoffentlich gut behalten in einem Flugzeug, das ihn zurück auf den Kontinent bringt. Es sind einige Tränchen gekullert beim Abschied und doch war es wunderschön, ihn wieder bei mir zu haben. Ich bin so unendlich dankbar dafür, dass wir uns haben und habe diese Tage unglaublich genossen.

Seit Tagen war ich aufgeregt, immer wieder habe ich die Tage gezählt, bis Bernd und ich wieder beieinander sein können. Es ist wirklich mittlerweile richtig schön hier und vor allem Janchen und meine und ihre flat mates sind der Grund dafür, dass ich mir hier richtig gut fühle. Desto schlimmer ist es, keine richtige Verbindung zur Außenwelt zu haben und nicht alles mit euch teilen zu können. Ich fühle mich in meinem zu Hause schon sehr abgekapselt, vor allem da ich sonst (wer mich kennt, wird müde nicken) permanent im Internet bin und kaum etwas lieber tue als zu skypen und meine Mails zu checken. Und so fühle ich mich in dieser Hinsicht furchtbar vom Weltgeschehen isoliert, auch wenn wir mittlerweile einen Fernseher (und somit die Möglichkeit dem göttlichen Stephen Fry zuzuschauen!) haben. Es tut mir auch furchtbar leid, ich weiß, dass ich in den letzten Tagen vieles sehr habe schleifen lassen und wirklich wichtige Dinge vergessen habe… dafür möchte ich mich noch einmal entschuldigen. Ich bin einfach noch nicht hundertprozentig durchorganisiert und hangele mich eher von (schönem) Tag zu Tag. Ich hoffe, ihr verzeiht mir noch einmal und habt mich trotzdem lieb? Hier kommt dann auch mein bisher einziger Weihnachtswunsch… ein (im besten Fall bereits mit Daten gefüllter, blinkender, gut riechender, vielleicht pinker?) Geburtstags-und-ewig-über-alles-Wichtige-Überblick-gebender-Kalender…


Jetzt zurück zu den letzten Tagen und so zu der vermeintlich kryptisch-postmodern anmutenden Schlagzeile.


Donnerstag Abend macht ich mich per tube auf den Weg zur Liverpool Street und schon beim Blick auf die massive permanent blinkende Anzeigetafel liefen mir Tränen der Vorfreude die Wangen runter. Ich muss ein merkwürdiges Bild abgegeben haben – mit einer roten Rose in der Hand und ständig den Tränen nahe. Ein unglaublich schöner Moment war dann das (gefühlt) ewige Umarmen meines Schatzes und reziprok kurz (Zeit ist relativ…) die Heimfahrt nach Ealing.










Nach einem wundervollen Abend ging ich also Freitag in die Schule und unterrichtete leider nur bis zur 4. Stunde, weil ich mich danach per Taxi nach Hause transportieren lassen musste. Meine Rückenschmerzen waren dann auch ausreichend um Bernd und mich zum Ealing Hospital zu bewegen – also überquerten wir die Straße und standen fix in der Notaufnahme. Well, der Arzt drehte mir ein Rezept über ein paar wohl abhängig machende (und daher nicht von mir besorgte) Schmerztabletten in die Hand, doch mittlerweile bin ich glücklicher Weise auch ohne dieselben wieder einigermaßen fit. Dementsprechend ließen wir es dann in den nächsten Tagen auch eher ruhig angehen.


Der Sonntag begann englisch-traditionell mit einem Überraschungs-roast dinner im New Inn. Keiner, auch Kiri nicht, weiß warum es „dinner“ heißt, wenn man es doch gen Mittag zu sich nimmt? Jedenfalls gehört dazu wohl ein riesiger Teller mit roast beef, Gemüse, einem Yorkshire Pudding und Gravy. Lecker!

Sonntag Abend dann hatten wir Nick (aus Janchens WG) und Jana zu Besuch. Bernd und ich bereiteten also Chicken Curry zu und machten uns einen schönen Abend. Kiri wäre auch gern dabei gewesen, doch leider tourte sie mit einer Rugby-Mannschaft durch die schottischen Highlands! Und Mark musste sein Curry leider pürieren (und ich spare die genaue Beschreibung aus…), da er sich den Kiefer bei einem Fahrradunfall 2x gebrochen hat. Dennoch war es ein sehr lustiger und wiederholenswerter Abend, auch wenn Julie (frz. Assistentin in Northolt) und Dave leider nicht kommen konnten.

Montag Abend dann war es endlich so weit – wir haben es tatsächlich zum ersten Mal seit 2 Monaten geschafft, Q.I. (Abk. für Quite Interesting, Sendung im Stil von Genial daneben mit Stephen Fry als Moderator und wechselnden Comedy-Gästen) anzuschauen… so viel zum Thema Leene und Organisation. Doch es war göttlich…

Bernd zog es Dienstag sehr ins Imperial War Museum und auch wenn ich denke, dass dieses eher für Jungs gemacht ist (Panzer, U-Boote und Kanonen) ließ ich mich in den künstlichen Schützengraben entführen, der sich in den Katakomben des IWP befindet. Ein merkwürdiges Gefühl, mitten in London. Auch die Nazi-Intarisien samt authentischen SA-Uniformen und einer Ausgabe von „Mein Kampf“ trugen nicht unbedingt dazu bei, dass man sich dort als Deutscher unbefangen bewegen konnte – nicht zu vergessen die große Holocaust-Ausstellung im Obergeschoss… doch das ist ein ganz eigenes, großes Kapitel und wir haben hier schon einige, höchst unterschiedliche Meinungen zum Thema 3. Reich gehört – von (einem nicht böse gemeinten) „Ihr dürft das nie vergessen, nie! Und es ist so wichtig, sich immer wieder damit zu befassen, du bist ja Deutsche.“ bis zu Kiris „Hey, was ist eigentlich los mit euch Deutschen? Es ist so f***ing lange her, also get over it!“. Kiri übrigens war erstaunt, dass ich den SPIEGEL hier habe, was sie dann auch zu der Frage führte, warum eigentlich alle Deutschen den SPIEGEL lesen, wenn das doch ein p o l i t i s c h e s (=langweiliges) Magazin ist, denn bei ihrer ehemaligen Austauschschülerin Chrissi aus Stuttgart wird auch immer derselbige gelesen. Ich denke, das hat durchaus auch etwas von Schuldkompensation wenn wir Deutschen uns mit Politik befassen und damit auch den kritischen Journalismus hochhalten.


Doch ich schweife ab (wie jener zamonische Meisterdichter :-)) und so trieb es uns, vorbei an dem Hotel, indem Onkel Bombe, seine Liebsten und ich 2003 diese wundervolle Londonwoche verbracht haben, die mit dazu bei getragen hat, dass ich unbedingt zurück wollte (übrigens, gibt es wohl kein Snapples mehr, Bombi?!), in einen Bus Richtung Oxford Circus, vorbei an der königlichen Garde zu Pferd. Nach einem gemütlichen Mittag (kann man mich bitte in der Zukunft von banoffee pies fernhalten?) verschlug es uns in die Bücherstraße Charing Cross Road. Übrigens ist Busfahren in London, wenn man den die Muße hat, viel schöner und atmosphärischer als per tube zu reisen, weil man viel mehr zu Gesicht bekommt und auch Entfernungen besser einschätzen kann. Merkwürdige Gestalten begleiteten uns dann in der Charing Cross Road in die verworrenen, mit seltenen Ausgaben und abgegriffenen paperbacks vollgestellten labyrinthartigen Antiquariatsgänge. So bin ich nun stolze Besitzerin einiger englischer Gothic Novels aus dem 18. und 19. Jahrhundert - wenn auch bei Weitem keine Erstausgaben, sondern mit Blick auf meine Geldbörse moderne Taschenbücher… kurzum, ich vermisse meinen Bücherschrank hier schmerzlich, denn auch wenn man nicht immer und ständig lesen kann, so fühle ich mich immer wohler in Zimmern mit Büchern. Wie jetzt. Und daher lese ich jetzt noch ein paar Zeilen und lasse euch nun mit einem Gute-Nacht-Küsschen zurück. Eure Leene

Sonntag, 4. November 2007

Andere Länder – andere Sitten oder: Home sweet home


Ich muss schon sagen, dass mir mein „neues zu Hause“ unglaublich gut gefällt… vor allem wegen meiner beiden absolut genialen Mitbewohner, die total witzig und „sociable“ sind. Es ist auch schön, en passant etwas über die neuseeländische Kultur zu lernen, so etwa gestern. Wir sprachen über geliebte Menschen, die leider nicht mehr bei uns sind und dabei ist mir aufgefallen, dass das Thema Tod für uns Deutsche schon eine Art Tabu ist. Man trauert meist im stillen Kämmerlein und sonst versuchen wir die meiste Zeit über diese Tatsache zu verdrängen und die Vorgänge nach dem Ableben zu institutionalisieren. Und so sind auch offene Särge bei Beerdigungen eher selten und wie auch in England wird der Verstorbene oft schnellst möglich in die Pathologie oder ein Beerdigungsinstitut gebracht und in einen Kühlschrank gepackt.

Nicht so in der neuseeländischen Tradition. Dort wird einige Tage nach dem Tod der geliebten Person Totenwache gehalten, d.h. der Bestatter richtet den Leichnam mit Hilfe von Spezial-Make up etc. so her, dass er zurück in sein zu Hause gebracht werden kann, in dem dann die Verwandten und Freunde neben seinem Bett oder im Wohnzimmer gemeinsam trauern und auch mit ihm im selben Raum schlafen können. Schlimm ist, so Kiri, dann aber vor allem der Moment, in dem der geliebte Mensch dann für immer abgeholt wird… Für uns ist diese Tradition sehr befremdlich, doch Kiri meinte, sie dachte bis zum 14. Lebensjahr, dass es überall so gehandhabt würde und fand es dann schon herzlos, wie etwa die Engländer (und wir ja auch) mit unseren Toten umgehen.

Oh, übrigens war das oben geführte Gespräch ein ziemlich heiteres (so heiter wie eben möglich), also ich hoffe, ich habe euch jetzt nicht runter gezogen? Deshalb hier noch ein paar „schöne Impressionen“ des Diesseits, die ich euch jetzt wohl schuldig bin :-)! Ich zeige euch mal ein paar Bilder meines neuen Zimmers in der Uxbridge Road:

Wie man vielleicht sieht, ist mein Zimmer für Londoner Verhältnisse wirklich riesig und einfach schön… naja, abgesehen von dem grünen Teppich und den mintfarbenen Wänden (Geschmack unserer schon schlohweiß-haarigen Vermieter *g*), doch alles in allem ist es wirklich schön und über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten.

Besonders schön finde ich, dass wir ein Wohnzimmer haben, das ist wirklich selten in Londonder WGs, weil möglichst alle Zimmer, egal wie krüppelig sie sind, vermietet werden um den Preis niedrig zu halten. Doch in unseren beiden WGs, also sowohl in Janas als auch in meiner, haben wir sogar noch einen kleinen zusätzlichen Raum – spare room/ guest room zur Verfügung und Gäste sind – und das ist ach anders als in der Mehrzahl der WGs – erlaubt bis erwünscht :-)!

Aber so wohl ich mich hier fühle (und ich liebe es wirklich), so ist es doch nicht mein richtiges echtes zu Hause, denn das ist immer dort, wo mein Schatz ist… doch ich denke, Jana und ich haben es wirklich unglaublich gut getroffen und ich bin sehr dankbar dafür. Auch die Anbindung ist perfekt, da der Nachtbus (ja, jener legendäre für uns zuerst nicht auffindbare N207 ab der Oxford Street) direkt vor meiner Tür hält! Heute (Samstag) werden Janchen, Victoria (auch Französisch-Assistentin an der Lampton School) und ich nach Camden Town fahren und uns mal den Markt anschauen, der ja von vielen heiß geliebt und berühmt ist für retro Zeugs und Verrücktes! Doch dazu dann später mehr...

[update 21:55]

Camden Town ist einfach der Wahnsinn – nicht nur bei Nacht (s. unten), sondern auch bei Tag! Unglaublich… Der Camden Market ist riesig und an einem einzigen Samstag nicht zu schaffen. Die Stände sind voller Punk-Gothic-Indie-Alternative stuff und auch wenn man nach einigen Ständen das Gefühl hat, alles wiederholt sich, so findet man dort doch (Achtung:) übelst geile Sachen. Es ist schwer zu beschreiben und leider haben Jana und ich nicht daran gedacht, einen Fotoapparat mitzunehmen, was wirklich schade ist. Doch das war auch bestimmt nicht das letzte Mal in Camden Town und ich weiß auch schon, wen ich im Dezember dorthin entführe… nicht wahr, Julie? Du wirst es lieben. Ist schon ein bisschen „special interest“ und nicht so chic wie Portobello Road (der ist auch mehr vintage als retro), aber hat auch seinen ganz besonderen Charme.

Schön war auch auf jeden Fall, Victoria kennen zu lernen, die einfach supernett und lieb ist – kurzum: Wir drei hatten sehr viel Spaß!

Wieder in Ealing angelangt, waren wir ganz schön groggy, doch da wir uns mit den anderen assistants aus Ealing und Umgebung im North Star treffen wollten, konnten wir noch nicht nach Hause fahren. Tatsächlich trafen wir e i n e weitere Assistentin aus Frankreich, Linda, die ebenfalls in Hanwell wohnt und so trollten wir uns noch in einen anderen Pub und unterhielten uns (und aßen Banoffee-Pie :-)). Linda konnte uns einige gute Tipps geben, weil es bereits ihr zweites Jahr hier ist.

Nunja, gerade sitze ich also zu Hause auf meinem großen Bett mit dem Gefühl, einiges erlebt zu haben und bin so froh, diese Herausforderung angenommen zu haben – auch wenn es hier ein paar kurze Momente des Zweifelns gab und leider auch einige Stunden Heimweh/Sehnsucht nach euch. Aber das eine sage ich euch – wenn ich zurück bin, wird feste gefeiert!! Ihr fehlt mir sehr, vor allem das Quatschen und Abhängen mit euch… doch immerhin werde ich wohl einiges zu berichten haben (und wie ich so höre ihr auch *g*).