Freitag, 28. März 2008

Heinrich VIII., Freud und ein ägyptischer Sarkophag

Nachdem uns nach diesen aufwühlenden Tagen nun der Schulalltag wieder eingeholt hatte, wurde es Zeit, dass mein lieber Niko und Janchens Eltern uns aus dem Alltag reißen. Zuerst kam Niko an – Sonntag Abend und wir machten es uns erstmal im Town House in Ealing gemütlich – angeblich ein alte-Männerpub, doch bis auf die unanständig fluchenden Kellnerinnen fiel uns kaum etwas Negatives auf. Und dort beschlossen wir das Programm der nächsten Tage – ein bisschen Kultur, ein bisschen Sehenswürdigkeiten und ganz viel Spaß. Genau die richtige Mischung, wenn man mich fragt.


Am nächsten Tag fuhren wir nach Hampton Court um uns den Palast Heinrich VIII. anzuschauen und auch wenn die Führerin versuchte, uns Heinrich als armen alten kranken (Schilddrüsenüberfunktion?) Mann ans Herz zu legen, so konnte man sich doch dem Spruch:

divorced, beheaded died, divorced, beheaded, survived
(geschieden, geköpft, gestorben, geschieden, geköpft, überlebt)

nicht entziehen – ein netter Merkspruch für die Frauen des berüchtigten Monarchen, der übrigens als junger Mann extrem gut aussehend gewesen sein soll und dessen Gemächt (entschuldigt das Wort *g*) auf jedem Portrait irgendwie extra hervorgehoben wurde – ich guck mal, ob ich eins für euch finde…

Naja, nur das große Plakat mit dem die Restaurierungsarbeiten verdeckt wurden - aber immerhin. Besonders Spaß gemacht haben uns die königlichen Gemächer samt extravaganter Einrichtung und der kunstvoll gestaltete Garten.




Denn Hampton Court Palace hat viele korrekt gestutzte Wacholder(?)-Sträucher und einen Irrgarten – der erste seiner Art in ganz England. Der durchschnittliche Besucher benötigt 20 Minuten um bis zur Mitte des Labyrinths vorzudringen, wobei wir uns dann gefragt haben, was die da drinnen noch machen? Picknick? Denn wir brauchten etwa 8 Minuten – Janchen war mit ihrer weiblichen Intuition etwas schneller als Niko und ich nach System, wobei auch gesagt werden muss, dass Niko und ich nach der Hälfte des Weges die Strategie geändert haben, weil Niko meinte sich erinnern zu können, dass man auf dem Weg IN ein Labyrinth immer rechts und auf dem Rückweg immer links gehen muss. Wie auch immer – Spaß hat’s trotzdem gemacht.


Und hier seht ihr Niko in der Mitte des Labyrinths (total erschöpft :-)).




Zuletzt waren wir dann in der Tudor kitchen und dem schauerlichen Weinkeller.





Wieder in London angekommen, haben wir einen lange gehegten Wunsch verwirklicht und eine originale Jack the Ripper-walking tour durch Whitechapel gemacht. Die 2-stündige Tour war mit allerhand interessanten Informationen und unansehnlichen Bildern bestückt und am Ende hatten wir zwar abgefrorene Gliedmaßen zu beklagen, aber auch hier war es das wert. Leider kann ich euch an dieser Stelle immer noch nicht verraten, wer denn Jack wirklich war, doch falls euch die verschiedensten Theorien interessieren – Jana, Niko und ich sind nun im Bilde.


Dienstag war nun wieder Schule, doch gleich nach dem Unterricht sind Niko und ich nach Holborn gefahren, nachdem er sich den Vormittag lang durch London hat treiben lassen (und das Orks Nest gesucht hat). Ziel war das Sir John Soane-Museum. Noch nie gehört? Es ist relativ unbekannt und auch nicht sehr leicht zu finden, doch ist man einmal da, kann man sich über diesen Mann nur wundern.
Sir John Soane war ein englischer Architekt, der sich reich geheiratet hat und dann sein Geld (oder besser gesagt, das seiner Frau) in all die Dinge investieren konnte, die einen Gentleman des 18. Jahrhunderts so interessierten. So findet sich in seinem Wohnhaus kaum ein Platz, der nicht von einer altertümlichen Büste, einem Stück Relief oder anderen merkwürdigen Dingen bedeckt wäre. Seine Frau muss wahnsinnig geworden sein.
In einem der Haupträume errichtete er eine Art „Raum im Raum“ in antikem Stil – es sieht so aus, als wäre inmitten des Raumes ein kleiner Tempeleingang.
Schön ist auch der Picture room. Denn da Sir John Soane wie gesagt kaum Platz hatte, musste er sich für seine umfangreiche Bildersammlung, die auch den berühmten the rake’s progress von William Hogarth umfasst, etwas einfallen lassen.


Zuerst sehen die Wände ganz unverdächtig aus, wenn auch wieder sehr voll gehängt. Doch dann zückt ein Mitarbeiter seine Samthandschuhe und öffnet die Wand (!) und hinter dem, was so normal aussah, öffnet sich wie in einem überdimensionalen Bilderbuch eine zweite Seite mit neuen Bildern. Dies ist auf beiden Seiten des Raumes möglich und auf einer Seite eröffnet es hinter einer weiteren Wand den Blick auf einen sonst schwer zugänglichen Teil des Hauses und das Untergeschoss. Verrückt.

Besonders gut gefallen hat Niko und mir die Statue eines nackten Mannes. Nicht einfach nur, weil er nackt war, sondern weil ein Feigenblatt sein bestes Stück so unzureichend bedeckt hat (es sieht sehr naturgetreu aus), das die Idee des Feigenblatts ad absurdum geführt wird.
Bestimmt war Sir John Soane ein Scherzkeks :-).


Doch eines der Höhepunkte des Museums ist ein originaler altägyptischer Sarkophag, der wohl auf kaum nachvollziehbarem Weg ins Soanes Heim gekommen ist und alle paar Jahre fordern irgendwelche Politiker, das er wieder an seinen Ursprungsort zurückgeführt wird. Glücklicherweise für uns ist diesem noch nicht Folge geleistet worden.

Nur noch ein Tipp zum Soane-Museum – auch wenn ihr nur zu zweit oder so seid, das Museum ist so klein und vollgestellt, dass immer nur eine verschwindend geringe Zahl von Menschen reindürfen. Deshalb meldet euch am Besten immer telefonisch als Gruppe an. Und einmal im Monat wird das Museum in den Abendstunden geöffnet und nur von Kerzenlicht erleuchtet. Das muss ich mir unbedingt mal anschauen.
Den Dienstag widmeten wir einem weiteren ungewöhnlichen Museum – dem Haus, in dem Sigmund Freud das letzte Jahr seines Lebens im englischen Exil verbracht hat und in dem seine Tochter Anna bis zu ihrem Tod im Jahr 1982 lebte.



Und ja, dort steht auch seine berühmte Couch.


Ich habe viele Dinge über ihn erfahren, die ich vorher nicht wusste und das Museum war gespickt von Ausschnitten aus seinen Traumdeutungen. Sein Arbeitszimmer was – ganz wie Soanes – voll gestellt mit antiken Büsten und Figuren. Leider hat sich Freud den Wunsch, nach Ägypten zu reisen nie erfüllen können, doch immerhin zeigt sein Arbeitszimmer ähnliche Anklänge.

Interessant fand ich auch, dass Freud seine Psychoanalyse mit der Tätigkeit eines Archäologen verglichen hat, da verborgenes von Menschenhand wieder an den Tag gebracht wird. Schöne Analogie.
Und selbst in diesem kleinen Museum gab es einen Shop (leider ohne sky diving Freud, s. unten), doch immerhin mit Handpuppen seiner selbst und seiner Couch oder nette Buttons.


Nach so viel Bildung war es Zeit, einfach mal rumzuhängen und es sich gut gehen zu lassen (nach der Schule, versteht sich). und so sind wir Donnerstag einfach nur essen gegangen im Hare & Tortoise und danach buchten Janchen und ich einen Teil unserer Südenglandreise bei ausreichend Bier.

Auch am Freitag ließen wir es ruhiger angehen und nachdem wir dann am Abend das ein oder andere Bier (auch im Viaduct) getrunken und unsere Leben analysiert hatten, schliefen wir alle erschöpft auf meinem Bett ein. Doch Janchen musste schon früh raus, weil sie sich mit ihren Eltern treffen wollte.

Ihre Eltern sind mit einer Reisegruppe nach London gekommen (durch den Tunnel) und machen jetzt z. T. das Programm mit, zum anderen unternehmen sie aber auch viel mit Janchen.

Jana hatte auch die Idee, in die Royal Albert Hall zu gehen und uns ein Konzert des Royal Symphonic Orchestra anzusehen. Sie spielten an diesem Abend verschiedene Rocksongs, orchestral arrangiert. Und Janchens Eltern haben mich sogar eingeladen, wofür ich mich auch noch mal ganz lieb bedanken möchte, denn es war einfach ein hammermäßiges Konzert. Begonnen haben sie mit Bitter Sweet Symphony und danach kamen noch so wunderbare Songs wie U2 beautiful day oder Meatloaf’s (oder eigentlich Jim Steinmans) bat out of hell.
Doch schon die Architektur dieses riesigen Konzerthauses ist beeindruckend und als wir nach dem Ende des Konzertes vom 5. Rang in die Tiefe schauten, war ich doch ganz froh, unten gesessen zu haben.

So, und heute ist Sonntag und ich bin wieder allein – ohne Niko, der sich gerade seinen Rucksack (und meine Chucks *g*) geschnappt hat (seine Schuhe sind hier schon zerfallen) und leider weg ist… samt meinen geilen lila Chucks, weil er es geschafft hat, seine Schuhe zu zerstören *g*. Doch schon in zwei Wochen sehen wir uns hoffentlich wieder – und noch viele andere von euch!!! Ich freu mich unbändig und drücke euch so lange noch mal!!
Eure Leene

1 Kommentar:

Janchen hat gesagt…

meine süße leene,

you are quite blog-quiet theese days
schreibst du nicht aus berlin??
anyway, it doesn`t change my feelings to (?) you - he he - hab dich lieb...
gute nacht

dit janchen