Dienstag, 25. März 2008

Kontraste

Doch – in einem Wort zusammengefasst wäre es dieses, was die letzten 2 Wochen am Besten beschreibt. Ich habe unglaublich viel gesehen und auch unser Krimiabend hat stattgefunden. Doch dazu später mehr…


Zuerst hat mich Sandra besucht und – ganz im Gegensatz zu Niko – haben wir (endlich mal, bin es euch schon lange schuldig) die klassischen Routen und Sehenswürdigkeiten abgelaufen. So kommt es, dass ihr jetzt Fotos von der St. Pauls zu sehen bekommt, doch auch z.B. vom Tower oder der wunderschönen Towerbridge.

Es war einfach der Wahnsinn. Ich meine, ich bin zum schon dritten Mal in London und dennoch ist der Tower einfach ein eindrucksvolles Bauwerk, das mich immer wieder neu beeindruckt und in Beschlag nimmt. Hier seht ihr ein paar Fotos, die wir vom Tower aus geschossen haben.
Auch die Beefeater-Tours sind es jedes Mal wert und übrigens gibt es unter den 34 Beefies seit letztem Jahr eine Frau – Mädels, we're getting there *g*!
Es gibt übrigens einige Fakten, die ich noch nicht kannte und die euch vielleicht interessieren könnten – im Tower sind 1.500 Leute begraben – viele unter den Dielen der Tower eigenen Kirche.
Rudolf Hess war übrigens im Jahr 1941 der letzte Staatsgefangene, der im Tower gefangen gehalten wurde.

Interessant fand ich auch, dass heute etwas 40 Familien in den Mauern des Towers leben. Auf diesem Foto seht ihr ihre Wohnungen, die man leicht übersehen kann.




Nun mal ein Wort zu den Eintrittspreisen zu sämtlichen royalen und klassischen Sehenswürdigkeiten – ja, sie sind unglaublich hoch und doch haben Sandra und ich festgestellt, das die Qualität und die detailreiche Pflege der englischen Traditionsorte jeden Penny wert sind. So kommt es auch, dass bisher jede der Paläste und Burgen, die wir hier in England sehen entweder in hervorragendem Zustand sind oder restauriert werden (so historisch korrekt wie nur möglich).

Doch auch in Neuerungen wird investiert. So hat der Tower jetzt einen modernen, gläsernen Shop und die Schlangen, die sich vorher über den ganzen Hof zogen, sind deutlich entzerrt durch mehrere große Ticketschalter, in kleiner Entfernung. Dadurch ist der Platz vor dem Tower viel offener und sieht nicht mehr so unglaublich überfüllt aus wie früher (zu jeder Tageszeit). Im Shop gab es dann auch wieder allerhand Skurriles:







Am Samstag, dem 1. März sind Sandra und dann zuerst in eine wunderschöne alte, katholische Kirche gefahren. Der Reiseführer beschrieb die All Saints Kirche als jene Londons mit der „außergewöhnlichsten“ Einrichtung. Und so dachten wir, uns würde eine hypermoderne und vielleicht auch charakterlose Kirche erwarten – doch das Gegenteil war der Fall.


Habe dann auch wieder etwas dazugelernt – hier seht ihr ein Tabernakel über dem Altar schweben*g*:


Und weil wir schon einmal bei eindrucksvollen Kirchen sind - voilà - St. Pauls Cathedral:

Doch ein ganz persönliches Highlight meines Aufenthalts war Windsor. Ein wunderschönes Städtchen, das uns auch noch mit schönem Wetter begrüßte. Oberhalb der Stadt erhebt sich die offizielle Residenz der Königsfamilie und eine lokale Flagge verriet uns, dass die Queen sich nur weniger Meter von uns entfernt im Schloss Windsor aufhielt.
Es lohnt sich auch hier in jedem Fall, die Zähne zusammenzubeißen und den horrenden Eintrittspeis zu bezahlen, denn was uns erwartete beschäftigte uns (dank Audio-Führer) mehrere Stunden lang.
Windsor ist im Jahr 1992 zu einigen Teilen abgebrannt. 1992 war ein schreckliches Jahr („annus horribilis“) für die königliche Familie und der Willen des Volkes, seine royals weiterhin zu unterstützen, schwand. Doch heute ist davon nichts mehr zu spüren und alle vom Feuer betroffenen Bereiche sind restauriert und erstrahlen in neuem Glanz.

Doch seht am Besten selbst:




Danach gönnten wir uns die landestypischen scones (schwer zu beschreiben… vielleicht als schweres Kuchenbrötchen?) mit clotted cream (ich krieg die nur schwer runter, ist superfette Sahne von zähflüssiger Konsistenz, wenn auch eigentlich ziemlich lecker), Marmelade und Tee. Währenddessen ging bereits die Sonne unter. Dennoch haben wir uns auf den Weg gemacht, um uns Eton College anzuschauen, wo auch die beiden Prinzen ihre Bildung erhalten haben. Doch leider war der Zugang zu dem Hauptgebäude (eigentlich) schon geschlossen. Doch mit viel Charme bracht ich den Nachtwächter dazu, uns den einen oder anderen Blick auf den Hof (und die Jungs :-)) zu gewähren… in diesem Gespräch fand ich dann auch heraus, dass der Nachtwächter früher selbst am Eton College unterrichtet hatte – er war Sportlehrer und hat unter anderem auch Prinz William in Schwimmen und Rudern angeleitet. (WOW!!) Naja, ich habe ihn dann so nach den sportlichen Fähigkeiten Williams ausgefragt und wie er denn so persönlich ist. Ganz Gentleman zeigte mir der Wächter ein paar Fotos in seinem Büro, auf dem er und Mitglieder der Königsfamilie abgebildet waren – so die Queen, Charles, Harry & William und auch ihre Mutter.

Das war also ein ganz besonderer Abend und etwas, woran ich mich sehr lange erinnern werde. Ach, und falls ihr in Eton mal „den Haupteingang“ suchen solltet, so etwas gibt es dort nicht, denn dieser Teil von Windsor ist quasi komplett Eton Campus. Die Jungs haben da übrigens Ausgang bis 10 (auch wenn der Nachtwächter anmerkte, für manche wäre das schon zuviel Freiheit, er hätte schon so einiges gesehen in seinem Beruf *g*) und sie haben einen College eigenen Pub.



Am nächsten Tag waren wir, Jana, Sandra und ich, dann nach einem ausgiebigen Frühstück mit Jared, ein zweites Mal in der St. Pauls und sind dann über die Millenium Bridge gelaufen, um erst einmal festzustellen, dass wir die Tate Modern zwar schon viele Male gesehen und besucht haben, dabei aber einfach nicht mal ein bisschen weiter links das rekonstruierte und wirklich atmosphärische Globe Theater zu sehen.




Doch an diesem Tag haben wir sogar eine interessante Führung mitgemacht und konnten ganz nah ran an die Bretter, die die Welt bedeuten:



Hier seht ihr übrigens den (im modernen Theater) Schnürboden mit eingebautem „Himmel“, einer kleinen Tür, aus der dann Schauspieler als Engel herabgelassen werden können. Dementsprechend gibt es allerdings auch eine Falltür, die Sünder in die Hölle transportiert.


Im Jahr 1997 öffnete dieses aus über 1.000 Eichenstämmen erbaute nahezu runde Theater (Replik des abgebrannten Originals) zum ersten Mal seine Pforten. Zu Shakespeares Zeiten wurde – in Ermangelung elektrischen Lichts – nur eine Vorstellung täglich gegeben, die um 14.00 begann. Dieses Theater fasst insgesamt etwa 1.600 Menschen (900 sitzend, 700 stehend), wobei die Führerin jedem nur empfehlen kann, wie früher die groundlings in der Mitte vor der Bühne zu stehen. Zwar ist man dort allen Wetterumschwüngen gnadenlos ausgeliefert, doch kann man sich z.B. auf die Bühne lehnen und wird oft zum Mitfiebern und Mitmachen animiert. Außerdem sind diese Karten (wie früher) sehr viel billiger. Interessant und sympathisch fanden wir, dass es hier durchaus erwünscht ist, wenn die Besucher sich ihr eigenes Bier und Verpflegung mitbringen – ganz im klassischen Stil. Da das Theater nur in den halbwegs erträglichen Monaten offen ist (Am 23. April jeden Jahres, Shakespeares Geburtstag, wird das erste Stück des Jahres aufgeführt), hat das Rumlungern in der Mitte Festivalcharakter. Allerdings sollte man wohl nicht zuviel Alkoholisches zu sich nehmen, da eine Vorstellung mindestens 3 Stunden dauert…


Nach dieser spannenden Führung machten wir uns auf den Weg in die St. Martin in the Fields-Kirche, die ein Café in der Krypta beherbergt. Die Einschätzung des Reiseführers, das man in einem solchen Kirchencafé dem teuren London ein Schnippchen schlägt, konnten wir keinesfalls unterschreiben, doch lecker war trotzdem und in der Kirche selbst hatten wir das Glück, einer Chorprobe beiwohnen zu dürfen.

Danach konnten wir mit einem Spaziergang viele Sehenswürdigkeiten abklappern, die jeweils einen Steinwurf voneinander entfernt waren – u .a. Trafalgar Square &Co, das Banqueting House samt Wache, No. 10 Downing Street, Old Scotland Yard, Houses of Parliament, Big Ben und schließlich Westminster Abbey, in der wir einen Gottesdienst unterwanderten und der Privatsekretär des Bischofs von Canterbury eine wirklich anschauliche und atmosphärische Predigt gehalten hat.


Am Montag haben wir uns das Händel-Museum, nahe an der Londoner Luxusmeile Regent Street gelegen, von außen angeschaut (hat montags zu *g*), doch kurios war die Plakette, die an der Vorderseite des Hauses angebracht war – 2 Musiker ganz unterschiedlicher Couleur lebten hier unter dem selben Dach – wenn auch Jahrhunderte voneinander getrennt:


Dann begaben wir uns auf den Weg zum Highgate Cemetry – einem Friedhof in Nordlondon, der in zwei Teile geteilt ist. Der östliche Teil ist ein relativ normaler Friedhofkomplex, allerdings liegen hier berühmte Persönlichkeiten wie George Eliot, der Gründer des Foyles-Buchimperiums, Anna Mahler und Karl Marx (der sich einen schlichten kleinen Grabstein gewünscht hatte – umsonst):

Der westliche Teil hingegen ist ein ziemlicher Geheimtipp und stammt aus dem Elisabethanischen/Viktorianischen Zeitalter. Dieser verwunschene und überwucherte Teil inspirierte Bram Stoker zu seinem Gothic-Klassiker Draculas Gast.

Im 18. Jahrhundert erreichte die Begeisterung der Engländer für die Antike ihren Höhepunkt und das erkennt man auch auf diesem Teil des Highgate Cemetry.


Hier erreichte der Grabsymbolismus einen seiner skurrilen Höhepunkte. Besonders eindrucksvoll etwa ist die Egyptian Alley mit einem Obelisken und einer überwachsenen alley way – einem Gang, der auf ein großes von einer wunderschönen Zeder bewachsenes Rondell zuführte.

In diesem Rundweg dann kommt man auch an einer (für die damalige Zeit wohl ziemlich) skandalösen Gruft vorbei: Mabel v. Batton, eine eigentlich verheiratete Frau aus dem 18./19. Jahrhundert, ließ sich hier mit ihren beiden lesbischen Liebhaberinnen Radcliffe und Hall bestatten.
Doch auch andere nutzten die eigene letzte Ruhestätte als Statement – so etwas Julius de Beer. Er kam als verarmter deutscher, jüdischer Geschäftsmann nach London um sein Glück zu versuchen. Er wurde ein reicher Mann und wurde doch zu Lebzeiten nie richtig von der High Society Englands akzeptiert, zum Einen, weil er Jude und Ausländer war, zum Anderen, weil er nicht in seinen Stand geboren, sondern ein „Neureicher“ war.
Nun muss man sich vorstellen, dass man vom Highgate Cemetry (ähnlich wie von Hampstead Heath) eine herrliche Aussicht über London hatte und viele feine Damen und Herren in ihrer freien Zeit über den Friedhof flanierten und Konversation betrieben.
Julius de Beer ließ ein monströses Mausoleum erbauen, dass der feinen Gesellschaft den Ausblick verdarb. Auch eine Art, sich bei der Nachwelt zu bedanken.

Oder George Wombwell, ein englischer Dompteur, der seinen Lieblingslöwen Nero auf seinem Grab abbilden ließ um ihn immer bei sich haben – auch im Tod.

Oder Thomas Sayers, ein beliebter Preisboxer, dessen Familie und Freunde eine riesige Summe sammelten um ihn für immer vom gefährlichen Boxen (damals halbwegs illegal und so lange, bis einer der Kontrahenten k.o. ging…) abzuhalten – was er ihnen zuliebe dann auch tat. Leider starb er trotzdem kurz darauf und eine Masse von Londonern pilgerten zum Highgate Cemetry, um ihm die letzte Würde zu erweisen. Unter ihnen, ganz vorn als einer der Angehörigen und in schwarz, sein treuester Begleiter, der schließlich auch einen Platz auf seinem Grab gefunden hat.


Es gibt noch so einiges anderes zu entdecken, doch ich will euch ja nicht alles verraten.
Wer diesen ungewöhnlichen Ort besuchen möchte, dem sei gesagt, dass sich dieser Ausflug definitiv lohnt und doch an eher festes Schuhwerk gedacht werden sollte (weil es vom Busstop dann doch noch einige Meter steil bergauf geht, bis man dann oben auf dem Berg den Eingang erblickt. Übrigens steigt man nicht schon bei dem ersten Stopp aus, der einen einen Blick auf den Friedhof erhaschen lässt, sondern erst dem zweiten (sonst latscht ihr ca. ein 3/4 Mal umsonst um den Friedhof herum (von außen). Und eine Tour durch den verwunschenen Part muss dann unbedingt sein (sonst kommt man auch nicht rein und sie ist wirklich sehr informativ).

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